Erwerbsumstände im kolonialen Kamerun
Im Zentrum des Teilprojekts am Landesmuseum Hannover steht die Analyse der Entstehung der ethnografischen Sammlung des Landesmuseums Hannover mit Fokus auf die kolonialen Erwerbungen von Objekten aus Kamerun. Dabei soll die Analyse der Kontexte der Objekterwerbungen besondere Berücksichtigung finden und somit die sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen, politischen und legalen Begleitumstände der Besitzerwechsel untersucht werden. Im Zentrum stehen die in den Prozess des Objekttausches involvierten Akteure, der einhergehende soziale Wissenstransfer, die Wissensproduktion und der Bedeutungswandel der Objekte sowie Sammlungspraktiken und Präsentationsformen des Provinzial- beziehungsweise Landesmuseums Hannover. Es soll gezeigt werden, inwiefern einzelne Beteiligte Einfluss auf das soziale Leben und die Zuschreibung von Bedeutungen der Objekte ausüben. Außerdem soll untersucht werden, welche Rolle Objekte aus den Kolonien in den Ausstellungen des Provinzial- beziehungsweise Landesmuseums Hannover im Allgemeinen spielten.
Das Landesmuseum Hannover wird sich im Rahmen des Projekts zunächst auf zwei wichtige Sammlungen aus Kamerun konzentrieren: von dem Kolonialbeamten Wilko von Frese, der zwischen 1908 und 1910 in Dschang stationiert war, verwahrt das Museum derzeit 167 Objekte. Diese Sammlung wurde im Grasland Kameruns zusammengetragen und bildet einen wichtigen Teil des Bestands des Museums mit bedeutenden und oft ausgestellten Objekten. Unterschiedliche Erwerbungsarten werden hier vermutet: so sind Schenkungen, Ankäufe aber auch Aneignungen auf Strafexpeditionen wahrscheinlich. Dies soll im Einzelfall untersucht werden.
Daneben wird die Provenienz eines Konvoluts beforscht, das über den Ethnografika-Händler Julius Konietzko 1930 angekauft wurde. Der Händler gab an, dass die Objekte aus einer Strafexpedition des Gouverneurs von Puttkamer im Grasland im Jahre 1911 stammen würden. Erste Prüfungen haben jedoch ergeben, dass sich von Puttkamer zu dem angegebenen Zeitpunkt nicht mehr in Kamerun aufhielt. Aber nicht nur die fehlerhafte und irreführende Provenienzangabe, sondern vor allem der angebliche Gewaltkontext des Konvoluts, das sich darüber hinaus aus kulturell sensiblen Objekten zusammensetzt, sowie die zentralen Agierenden, die damit in Verbindung gebracht werden, machen dieses einschlägig relevant für eine vertiefende Analyse. Somit soll ein Beitrag zur postkolonialen Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte geleistet werden.
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Das Projekt „Erwerbsumstände im kolonialen Kamerun“ ist im Oktober 2021 ausgelaufen. Projektbezogene Anfragen richten Sie bitte an die Teilprojektleiterinnen Claudia Andratschke und Mareike Späth.
Kontakt:
Projektbearbeiterin: Bianca Baumann
Teilprojektleiterinnnen: Dr. Claudia Andratschke und Mareike Späth
Universitäre Betreuerin: Prof. Dr. Brigitte Reinwald (Leibniz Universität Hannover)