Workshop: Provenance Research and Contested Heritage of Colonial Contexts 9.3. – 10.3.2020, Institut des Beaux-Arts (IBA) der Universität Duala
Am 9. und 10. März fand in Nkongsamba am Institut des Beaux-Arts (IBA) der Universität Duala der Workshop „Provenance Research and Contested Heritage of Colonial Contexts“ statt. Organisiert wurde die Veranstaltung von Rachel Mariembe (Dozentin der Museologie am IBA) und den beiden PAESE-Mitarbeiterinnen Isabella Bozsa des Städtischen Museums Braunschweig und Bianca Baumann des Landesmuseums Hannover. Im Zentrum des zweitägigen Workshops, der sich vorwiegend an Studierende der Museologie richtete, stand die Vorstellung der beiden Museen, des Forschungsprojekts PAESE sowie die Diskussion der Forschungsfragen der beiden Doktorandinnen. Somit war die Debatte zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten, am Beispiel der Kamerun-Sammlungen in Hannover und Braunschweig, ebenfalls ein wichtiger Aspekt des Workshops.
Nachdem Professorin Annette Angoua, die Direktorin des Instituts, den Workshop offiziell mit einer Rede eröffnet hatte, wurde im Auftakt, auf Bitte der Lehrenden des Instituts, die jeweilige Museums- und Ausstellungsgeschichte, Sammlungsverwaltung sowie Depotsituation der beiden Museen vorgestellt. Das Programm wurde gemeinsam erstellt, sodass Bedürfnisse und Wünsche der Lehrenden des Instituts ebenso wie der PAESE-Mitarbeiterinnen berücksichtigt wurden. Über 100 Studierende verschiedener Fachdisziplinen (u.a. Kunstgeschichte, Architektur, Museologie) und sämtliche Dozierende des Instituts nahmen teil. Besonders interessiert waren die Studierenden der Museologie an den diversen Dokumentationssystemen (Karteikarten, Datenbanken, Inventarbücher) sowie konservatorische Aspekte der Objektaufbewahrung. In der Diskussion wurde unter anderem angeregt, dass die Kombination von kamerunischen und europäischen Konservierungstechniken eine gewinnbringende Verfahrensweise darstellen könnte.
Am Nachmittag des ersten Tages wurde eine partizipative Übung durchgeführt, wofür die Anzahl der Teilnehmenden reduziert wurde. Etwa 20 Master-Studierende erarbeiteten Video-Statements zu ausgewählten Objekten, die sich in den beiden Sammlungen in Niedersachsen befinden und im Rahmen des Forschungsprojekts bearbeitet wurden. Die Studierenden suchten sich in Kleingruppen jeweils zwei Objekte (in Form von Objektbildern) aus und sollten diese zunächst beschreiben und ihre Bedeutung darstellen. Im Anschluss bekamen sie die Aufgabe sich zu überlegen, wie Provenienzforschung am Objekt betrieben werden kann, wer der eigentliche Besitzer ist, aus welchem Umfeld das Objekt stammt und was für eine Erinnerungskultur sich um das Objekt spannt. Letztendlich ging es ebenfalls um die Frage, was mit dem Objekt in Zukunft geschehen soll. Am Ende des Tages entstanden abwechslungsreiche Statements, wobei vor allem die Stimmenvielfalt zur Restitutionsfrage zum Ausdruck kam; ausgewählte Statements finden Sie rechts unter den Fotos. Darüber hinaus fing die Übung Meinungen von Personen ein, die die Museumsfachleute von morgen sein werden, jedoch in der derzeitigen Debatte nicht repräsentiert werden.
Am zweiten Tag stand das Thema Provenienzforschung im Mittelpunkt. Nach einer Einführung in die Debatte, wurde das Forschungsprojekt PAESE sowie die beiden Teilprojekte in Braunschweig und Hannover vorgestellt. Nach inhaltlichen Diskussionen um Objektbedeutungen begann am Nachmittag die Diskussion um Restitutionsfragen. Dabei wurden divergierende Vorstellungen und unterschiedliche Positionen in Europa und Kamerun deutlich. Ebenso wurden die Fragen, ob es rechtmäßige Aneignungen in der Kolonialzeit gegeben haben kann, an wen und wohin Dinge restituiert und wie eine Restitution praktisch umgesetzt werden sollte, ausführlich diskutiert.
Der Dialog mit den Studierenden des Instituts in Kamerun brachte neue Aspekte und Fragen zum Vorschein, die sich erst in einem bilateralen Dialog entwickeln. Dieser ist unerlässlich, um die geteilte Geschichte aufzuarbeiten und den Umgang mit ethnographischen Objekten aus kolonialen Kontexten auszuhandeln. In diesen Aushandlungsprozess die zukünftigen Museumsangestellten einzubeziehen und ernst zu nehmen, kann zu einem nachhaltigen und beständigen Dialog führen. Eine Vielfalt an Meinungen offenbarte sich, die berücksichtigt werden müssen, um eine Dekolonialisierung von Museen mit ethnographischen Sammlungen voranzubringen. Den Studierenden ermöglichte der Workshop außerdem Einblicke in zwei deutsche Museen und die dortigen Arbeitsweisen, in die Debatten zum Umgang mit kolonialen Sammlungen in Europa und stellte Beispiele für mögliche Berufswege in der Museumsarbeit vor. Der Fortbestand der Kooperation zwischen PAESE und dem Institut des Beaux-Arts in Nkongsamba wurde von beiden Seiten gewünscht und die Einbindung der Studierenden in weitere Projekte soll forciert werden.