RPM_V Interimsnummer 332

Numéro d'inventaire RPM_V Interimsnummer 332
Ancien numéro d'inventaire Nicht inventarisiert. Nummer im Geschäftsjournal des Roemer-Museums: J 539/06
Emplacement Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim
Nom de l'objet Gewand mit Amuletten ("Kriegshemd")
Lieu de collecte Afrika, Zentralafrika, Zentral-Kamerun, angeblich Ndumba ("Ngilla-Stadt")
Matériel Baumwolle
Leder
Metall
Technologie genäht
geprägt
gewebt
Dimensions B:52,5 cm (Schultern),137 cm (Saum unten); H:97 cm
Inscription/impression/étiquette Rundes Etikett (Pappe in Metallrahmen) an Bindfaden mit Beschriftung J 539/06
Pièces Einzelteil
Rencontre vermutlich vor 1899
Type d'objet Kleidungsstück
Taper Ethnographica
Attribution culturelle Wute
Description Ein ärmelloses, baumwollenes Kleid, im unteren Teil ausgestellt und gefältelt, im oberen Teil auf Vorder- und Rückseite mit rund 170 ledernen Amulettkapseln unterschiedlicher Größe besetzt. Einige davon enthalten Metall (Gewehrkugeln o. ä.?), wie eine Untersuchung mit einem Metalldetektor ergab. Andere enthaltern vermutlich Papierstücke mit Koransprüchen. Die Oberflächen der größeren Amulette sind mit Mustern geprägt. Das Kleidungsstück ist in einem recht guten Zustand, hat jedoch einige schadhafte Stellen (Löcher) und ist an anderen Stellen geflickt. Ein sehr ähnliches Stück befindet sich im Linden-Museum Stuttgart ("Kriegshemd" Inv.-Nr. 017144). Solche "Kriegshemden", die durch die Amulette mit übernatürlicher Kraft aufgeladen waren, wurden bei den Vute bei Kriegshandlungen zum Schutz vor feindlichen Geschossen getragen. Aber auch traditionelle Heiler/religiöse Spezialisten trugen diese Art von Kleidungsstück.
Année d'accès à la collection 1906
Mois d'accès à la collection Dezember
Type d'accès à la collection als Schenkung
Accès depuis Gustav Pelizaeus (Kaufmann in Bremen)
Propriétaire précédent angeblich Neyon (Ngrang III, Herrscher der Wute-Stadt Ndumba)

Provenance

  • Le 12. Dezember 1906 acquis par Roemer-Museum Hildesheim als Schenkung chez/auprès de Gustav Caspar Clarus Pelizaeus.
  • Avant 12. Dezember 1906 acquis par Gustav Caspar Clarus Pelizaeus (1859-1944) durch unbekannte Erwerbsart chez/auprès de unbekannter Person in Kamerun (Station Jaunde?).
  • Probablement 1906 acquis par unbekannte Person in Kamerun (Station Jaunde?) durch unbekannte Erwerbsart chez/auprès de Hans Dominik.
  • Probablement 1899 oder 1906 acquis par Hans Dominik (1870-1910) in (kolonialen) Gewaltkontexten chez/auprès de angeblich "Wute-[im Original-Zitat wurde ein heute nicht mehr gebräuchlicher Begriff für einen hochrangigen Würdenträger verwendet] Ngilla" (Eigenname: Neyon, Ngrang III von Ndumba).

Remarques

Zusammen mit einem sehr ähnlichen "Kriegshemd" im Linden-Museum war das Kleidungsstück Gegenstand eines vom DZK geförderten Provenienzforschungs-Projektes (1. Oktober 2023 - 31. März 2024). Beide Stücke sollen "Kriegsbeute" Hans Dominiks gewesen sein und dem "Wute-[im Original-Zitat wurde ein heute nicht mehr gebräuchlicher Begriff für einen hochrangigen Würdenträger verwendet] Ngilla" gehört haben. Zu dem "Kriegshemd" in Stuttgart bzw. zu dessen ursprünglichen Besitzer hatte Elias Aguigah bereits Recherchen durchgeführt (https://sammlung-digital.lindenmuseum.de/de/objekt/kriegshemd_15242; siehe auch R. Tsogang-Fossi im "Atlas der Abwesenheit", S. 412-413; E. Aguigah ebendort, Bildheft S. XXIII).

Es gibt jedoch Unstimmigkeiten in den Angaben zur Provenienz. Dominik kann das Kriegshemd weder dem Ngilla Neyon (gest. Anfang 1899 kurz vor Eroberung seiner Stadt Ndumba im Rahmen des sog. Wute-Adamaua-Feldzuges), noch seinem Nachfolger Ngane/Gane (getötet im September 1906 ohne Beisein Dominiks) "abgenommen" haben. Daher diente das DZK-Projekt einer weiteren Klärung der Erwerbungsumstände und der ursprünglichen Besitzer.

Konsultiert wurden u. a. Archivmaterial im Linden-Museum, umfangreiche Akten aus den Beständen des Ethnologischen Museums Berlin sowie relevante Bestände des Bundesarchivs. Aguigahs Annahme, das "Kriegshemd" in Stuttgart habe keinem "Ngilla", sondern Gimene, dem Feldherrn des Herrschers/Ngilla Neyon gehört, erscheint nach der Datenlage sehr plausibel. Bezüglich des Besitzers "Kriegshemdes" in Hildesheim kommt anhand der Angaben des Schenkers G. Pelizaeus auch Gong Nar (Ngrté III, auch "Ngutte"/"Ngute") in Betracht, der Vute-Herrscher von Linte. Dieser "unterwarf" sich Dominik Anfang 1906, wogegen eine Unterwerfung Neyons niemals erfolgte. Anhand von Quellen beweisen lässt sich diese Vermutung bislang indessen noch nicht. Recherchen vor Ort im heutigen Ort Nguila wurden Anfang 2024 von Richard Tsogang Fossi für das Projekt durchgeführt.

Abréviation du processeur SL
Inscription au livre d'inventaire Das Objekt ist nicht inventarisiert. Im Brief des Schenkers Pelizaeus vom Dezember 1906 heißt es: "Fetisch-Mantel des Wute-[im Original-Zitat wurde ein heute nicht mehr gebräuchlicher Begriff für einen hochrangigen Würdenträger verwendet] Ngilla (Hinterland v. Mittel-Kamerun), der kürzlich von Hauptmann Dominik zur Unterwerfung gebracht ist, wobei ihm vom Genannten dieser Mantel abgenommen wurde. Es ist dies ein ethnographisches Stück allerersten Ranges!"
Année de recherche du dernier traitement 2024
Mois de recherche du dernier traitement 06
Journée de recherche de transformation finale 20
Statut Provenienz bearbeitet
Réception Ausweislich alter Führer durch das Roemer-Museum war das Gewand seit spätestens 1917 und möglicherweise bis zur Auslagerung der Museumsbestände während des Zweiten Weltkriegs ausgestellt. Dort erscheint es als „Gewand eines Medizinmannes“ aus Kamerun, „behängt mit geschlossenen Ledertaschen, die mit Sympathiemitteln aller Art gefüllt sind“ (Führer durch die Sammlungen des Roemer-Museums in Hildesheim 1917, S. 13).
Autres sources

Archiv des Ethnologischen Museums Berlin, zahlreiche Quellen, darunter I/MV 721, E 315/1899, Bl. 34-35, Brief Dominik an von Luschan über Kriegshemd des Gimene │Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde, zahlreiche Vorgänge, darunter R 1001/3347, R 175-I/135, R 175-I_83, R 175-I_140 │ Stadtarchiv Hildesheim, Best. 741 Nr. 228, Journal des Roemer-Museums, 4.1.1905-20.7.1907 │ Stadtarchiv Hildesheim, Best. 741 Nr. 204, Verschiedene Erwerbungen und Geschenke für die Völkerkundesammlung

Lectures complémentaires

Assilkinga, Mikaél et al.. 2023. Atlas der Abwesenheit: Kameruns Kulturerbe in Deutschland, Heidelberg: arthistoricum.net-ART-Books. https://doi.org/10.11588/arthistoricum.1219 │Deutsches Kolonialblatt X. Jahrgang 1899, S. 838-849 (Bericht von Kamptz über Wute-Adamaua-Feldzug) │ Dominik, Hans. 1901. Kamerun sechs Kriegs- und Friedensjahre in deutschen Tropen. Berlin: Stilke │ Dominik, Hans.1908. Vom Atlantik zum Tschadsee: Kriegs- und Forschungsfahrten in Kamerun. Berlin: Mittler │Puttkamer, Jesco von. 1912. Gouverneursjahre in Kamerun. Berlin: Stilke │Seige, Christine.2003. Die Vute in Kamerun. Münster - Hamburg - Berlin: LIT │ Zimmermann, Oscar. 1909. Durch Busch und Steppe vom Campo bis zum Schari 1892-1902. Berlin: Mittler │Führer durch die Sammlungen des Roemer-Museums in Hildesheim. Hildesheim: Carl Mann, 1917

Autres objets des personnes liées dans d'autres collections/musées Ethnologisches Museum Berlin; Linden-Museum Stuttgart; Museum am Rothenbaum Hamburg, GRASSI-Museum für Völkerkunde Leipzig; Ethnografische Studiensammlung der Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz; Museum Fünf Kontinente München; Staatliches Museum für Völkerkunde Dresden; Weltkulturen-Museum Frankfurt; Ethnologische Sammlung der Georg-August-Universität Göttingen
URL https://www.postcolonial-provenance-research.com/fr/collections/exposition/hemd-mit-amuletten-kriegshemd/
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